Schlafwandeln, ist primär eine Parasomnie des Kindes- und Jugendalters. Im Alter von 5 bis 12 Jahren zeigen ca. 20% aller Kinder, vor allem Jungen, mindestens einmal eine Episode von Somnambulismus. Meist verliert sich das Schlafwandeln mit der Pubertät. Es wird angenommen, daß es sich beim Schlafwandeln und anderen Parasomnien, wie etwa dem Pavor nocturnus, um eine Störung des Arousal (Aufwach)-Prozesses handelt. Somit sei Ursache des Schlafwandelns eine unvollständige Weckreaktion, die sich im Ausführen somnambuler Handlungen äußert, ohne daß der Schläfer vollständig wach wird. Beim Schlafwandeln handelt es sich nicht um das Ausagieren von Träumen, da Episoden von Somnambulismus aus dem Tiefschlaf heraus auftreten. In der Regel liegt im Kindes- und Jugendalter dem Somnambulismus keine nennenswerte Psychopathologie zugrunde. Es besteht in der Regel eine familiäre Häufung des Schlafwandelns, was auf eine mögliche genetische Komponente hinweist. Schlafwandeln im Kindes- und Jugendalter tritt zudem vermehrt nach Übermüdung, Streß und emotionaler Belastung auf.
Die sprichwörtliche Sicherheit des Schlafwandlers ist ein Mythos, der durch kontrollierte Untersuchungen im Schlaflabor nicht gestützt werden kann. Das Schlafwandeln tritt in der Regel im ersten Nachtdrittel aus den tiefen Schlafstadien (Stadium III und IV) heraus auf (Schlaf). Betroffene setzen sich im Bett auf, führen sinnlose Bewegungen aus. Die Augen sind geöffnet, der Schlafwandler kann bekannten Objekten ausweichen. Nur selten kommt es zu komplexen Verhaltensweisen, wie etwa dem Führen eines Fahrzeugs. In der Regel besteht die größte Gefahr beim Schlafwandeln in Selbstverletzungen. Somnambulistische Episoden dauern von wenigen Sekunden bis zu ein paar Minuten. In der Regel besteht am Morgen Amnesie für die Episoden. Beim Wecken des Schlafwandlers werden Traumberichte nur selten erinnert.
Episoden von Schlafwandeln müssen von nächtlichen epileptischen Anfällen abgegrenzt werden. Psychomotorische Anfälle im Schlaf sind jedoch meist von kürzerer Dauer und häufig von Automatismen begleitet. Epileptische Anfälle tagsüber, epilepsietypische Aktivität oder ein Herdbefund im EEG sprechen für eine epileptische Genese.
Das Schlafwandeln in der Kindheit und Jugend ist in der Regel harmlos, und es bedarf keiner speziellen Therapie. Generell sollten präventive Maßnahmen bei häufigem Schlafwandeln auch bei Erwachsenen auf die Sicherung des Schlafwandlers abzielen, um Risiken durch Selbstverletzung oder Stürze zu vermeiden. Nur dann, wenn zusätzlich Hinweise auf eine ausgeprägte Psychopathologie vorliegen, ist eine psychotherapeutische Behandlung angebracht. Verhaltenstherapeutische Techniken, wie etwa vollständiges Erwecken beim Auftreten der Attacken oder antizipatorisches Wecken sowie Entspannungstechniken, können erfolgreich eingesetzt werden. Zudem sind schlafhygienische Maßnahmen empfehlenswert (Schlafhygiene), wie etwa regelmäßige Schlafzeiten und die Vermeidung aller Faktoren, die eine Zunahme des Tiefschlafs provozieren, da dadurch somnambulistische Episoden induziert werden können. Auf pharmakologischer Ebene bietet sich die kurzfristige Gabe von Pharmaka an, die den Tiefschlaf reduzieren.
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