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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Teufel

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

sind die Erben der Dämonen, an die die Naturvölker glaubten, aber auch die Nachfahren der Satyrn und Faune als Vertreter ungehemmter Sinnenlust. Neben dem Glauben an eine Unzahl böser Geister hat sich die von dem einen »Satan« als dem Gegenspieler Gottes entwickelt. Er ist aber nicht nur der »Höllenfürst«, sondern auch der »Herr der Welt«. Indem man sich ihm verschreibt, kann man auf den Erwerb irdischer Güter hoffen. Damit wird im Grunde alles, was in diesem Leben zählt, als böse hingestellt; Frieden und Seligkeit wären erst im Jenseits zu erwarten. Zugleich gilt der Teufel oft als dumm; viele Märchen erzählen, wie leicht er zu übertölpeln sei. Dahinter steht die alte Auffassung, daß die materielle Wirklichkeit, die doch weithin als Domäne des Teufels gilt, eigentlich nur ein trügerischer Schein sei. Des Teufels Beiname »Lucifer«, »Lichtbringer«, zeigt, daß im Grunde jede verstandesmäßige Erkenntnis dieser Wirklichkeit abgelehnt wird. Die Verwandtschaft des Teufelsglaubens mit der antiken Prometheus-Sage ist unverkennbar. Noch Faust mußte sich dem Teufel verschreiben, um Wissen zu erlangen. In manchen Religionen werden Gott und Teufel als zwei unabhängige, gleichstarke Kräfte verstanden, deren Kampf miteinander in einem ewigen Dualismus alles Leben erst antreibt. Dabei steht Gut und Böse nicht von vornherein fest. So läßt Goethe seinen Mephisto sagen, er sei »ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft«. Nach christlicher Auffassung ist der Teufel kein Gegengott, sondern war einst ein Engel, der sich von Gott losgesagt hat, weil er in hochmütiger Selbstüberschätzung dessen Herrschaft brechen wollte. Gott läßt ihn nur vorübergehend gewähren, um seine Geschöpfe auf die Probe zu stellen. Gott wird am Jüngsten Tage endgültig den Sieg über den Bösen erringen und dann im Paradiese alle belohnen, die nicht den Verlockungen des Teufels zur Sünde erlegen sind. Im Volksglauben mischt sich diese theologische Auffassung mit alten Vorstellungen von Dämonen wie in den Naturreligionen. Sie haben sich auch in den Bilddarstellungen des Teufels erhalten: wie der Faun oder Satyr ist er ein Tiermensch mit Hörnern, Schwanz und Bocksfüßen, ein Sinnbild der Triebe, die wir mit den Tieren gemeinsam haben, und doch ein Träger der Eigenschaften, die erst den Menschen auszeichnen. Wie das Gute so wird auch das Böse personifiziert. Man kann seelisch mit ihm umgehen wie mit einem anderen Menschen. Es scheint der Beeinflussung durch Magie zugänglich zu werden. Zugleich kann man diese als Person faßbare Macht verantwortlich machen für alles Böse, was man in Wahrheit aus eigenem Antrieb tun möchte. Böse ist alles, was die Gemeinschaft verboten hat, so vor allem aggressive und sexuelle Triebwünsche. Gewin nen sie Oberhand, so scheint es, als sei man vom Teufel besessen – den man auch austreiben kann (Exorzismus). Ludwig Börne, ein Vorkämpfer der geistigen Freiheit um 1830, meinte dagegen, man könne den »Teufel« nur wie Luther mit dem Tintenfaß vertreiben: das heißt mit Hilfe der intellektuellen Aufklärung.

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