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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Raumwahrnehmung

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

ist der Vorgang, aufgrund dessen wir uns ganz selbstverständlich lokalisiert und agierend in einem einheitlichen und stabilen Raum erleben. Diese Raumempfindung ist das Resultat eines äußerst komplexen Prozesses, an dessen Anfang die retinale Projektion des umgebenden physikalischen Raumes steht. Propriozeptive Informationen und kognitive Faktoren tragen ebenfalls dazu bei, daß der erlebte Raum einerseits ein hohes Maß an Stabilität und Struktur aufweist, aber andererseits nicht eine bloße Rekonstruktion des physikalischen Raumes ist, was durch eine Vielzahl von Wahrnehmungstäuschungen dokumentiert wird (geometrisch-optische Täuschungen, Amesscher Raum). Verschiedene theoretische Ansätze wurden entwickelt, um die psychophysische Abhängigkeit des Sehraumes vom physikalischen Raum der Reize zu erfassen und seine innere geometrische Struktur zu charakterisieren.

Eine zentrale Rolle spielt auch die Identifizierung der Hinweisreize, die der Wahrnehmung eines dreidimensionalen Raumes zugrunde liegen. Bereits bei monokularer Betrachtung wird ein Tiefeneindruck vermittelt durch monokulare Tiefenkriterien (z.B. Verdeckung, relative Höhe im Gesichtsfeld, lineare Perspektive) oder bewegungsinduzierte Tiefenkriterien (z.B. Bewegungsparallaxe). Besonderes Interesse hat aber stets die Entstehung eines räumlichen Tiefeneindrucks durch die Integration zweier “flacher” Netzhautbilder gefunden (Stereopsis, stereoskopisches Sehen). Wichtigstes binokulares Tiefenkriterium ist die durch den lateralen Abstand der Augen bedingte Abweichung der beiden Netzhautbilder voneinander, die sogenannte Disparation (Netzhaut) Die Wirksamkeit der horizontalen Disparation (Querdisparation) wurde durch die Verwendung von Stereogrammen nachgewiesen, bei denen den Augen getrennt disparate Bilder zugeführt werden, die jeweils keinerlei monokulare Tiefeninformation enthalten. Die Kenntnis des Zusammenwirkens verschiedener Tiefenkriterien ist entscheidend für die zunehmend an Bedeutung gewinnende Gestaltung virtueller Realitäten auf der Grundlage stereoskopischen Sehens.

Literatur

Goldstein, E.B. (1997). Wahrnehmungspsychologie. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Lukas, J. (1996). Psychophysik der Raumwahrnehmung. Weinheim: Psychologie Verlags Union.


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