Frauen, denen man eine Beziehung zu Dämonen oder Teufeln nachsagt und magische Kräfte zuschreibt. Auch Männer wurden (und werden) als »Hexer« verdächtigt. In vielen früheren Kulturen hatten Frauen als Priesterinnen oder Seherinnen eine große religiöse Bedeutung. Sie schienen der Natur und damit auch den Naturgeistern näherzustehen. Die mittelalterliche Hexenverfolgung galt insoweit den Resten eines heidnischen Glaubens im Namen des Christentums. Vor allem aber war sie ein Ausdruck der männlichen Angst vor dem Weibe und vor der Verführung zur Sexualität. Mit dieser Feindschaft wurde der Trieb abgewehrt, den vor allem Priester und Mönche im Zeichen des Zölibats hatten unterdrücken müsssen. Die Schuld an der eigenen Verführbarkeit wurde auf Sündenböcke abgewälzt. Als Opfer boten sich vor allem solche Frauen an, die durch irgendwelche besonderen Eigenschaften auffielen. Dazu konnten Schönheit, Mut und Klugheit ebenso wie Häßlichkeit zählen. Oft waren sie durch Mißbildung, Krankheit, Alter oder eine psychische Störung von der sexuellen Befriedigung ausgeschlossen. Manche wußten sich mit Hilfe einer »Hexensalbe« rauschhafte Phantasien sexuellen Inhalts zu verschaffen. Mit Hilfe der Folter wurden die Opfer des Hexenwahns von kirchlichen und weltlichen Verfolgern gezwungen, die Teilnahme an sexuellen Orgien mit dem Teufel, Schadenzauber, Tierverwandlung oder Luftreisen zu gestehen. Was man ihnen zuschrieb, gleicht in auffallender Weise unbewußten neurotischen Phantasien und den Wunschvorstellungen und Handlungen Perverser. Die Hexenverfolgung setzte Agressionsneigungen frei, die aus den verschiedensten Ursachen stammten: Man hatte eine Feindgruppe gefunden, der man jedes Unheil anlasten konnte; aber der »Hexenprozeß« war auch ein Mittel, um politische Gegner zu vernichten (z. B. Jeanne dArc), um sich am Eigentum des Opfers zu bereichern, um den wissenschaftlichen (medizinischen) Fortschritt zu verhindern. Arthur Miller hat eine der letzten Hexenverfolgungen (in der amerikanischen Stadt Salem) in seinem Drama »The Crucible« (»Hexenjagd«) zum Gleichnis für die zeitgenössische Kommunisten-Riecherei McCartys gemacht. Auch heute noch werden durch den Hexenwahn ganzer Dorfgemein schaften ältere Menschen in den Selbstmord getrieben.
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