vollerwachsene unverheiratete Menschen. Manchmal ist die Ehelosigkeit unfreiwillig, besonders bei Frauen, deren Geschlecht meist etwas in der Überzahl ist, und die vielfach nicht die Möglichkeit zur eigenen Initiative haben. Früher waren Mädchen aus guten Familien, die nicht heiraten konnten, zu einem Pa rasitendasein als Tanten und »alte Jungfern« verdammt. Ihre Sonderbarkeiten waren zum großen Teil auf diese Isolation und Nutzlosigkeit zurückzuführen. Aber wie ihr männliches Gegenstück, der »Hagestolz«, zeigt, bringt die Ehelosigkeit an sich schon eine Absonderung mit sich, auch wenn sie durch Berufstätigkeit durchbrochen wird und keinen Verzicht auf Sexualpartnerschaften einschließt. Auch ledige Männer werden oft sagen, sie hätten eben keine passende Frau finden können. Aber wenn sie das näher erklären, erweist sich meist, daß sie dieses Schicksal gleichsam arrangiert haben, indem sie unrealistische Ansprüche stellten, sich auf einen bestimmten Frauentyp fixiert hatten, vor dem Risiko einer Bindung zurückschreckten oder einfach ihre Bequemlichkeit nicht aufgeben wollten. In dem eigenbrötlerischen Wesen, daß sie dann mit den Jahren entwickeln, zeigen sie oft den Unwillen zur Anpassung an andere Menschen, der die eigentliche Ursache ihrer Ehelosigkeit war. Einen solchen Grund wird man auch bei vielen ledigen Frauen annehmen müssen. Andere ledige Männer oder Frauen haben zwar viele soziale Beziehungen, stellen sogar extrem leicht Kontakte her, aber in der Vielfalt ihres Umganges und dessen häufigem Wechsel zeigen sie ihre Unfähigkeit oder ihren Unwillen zu tieferer, dauerhafter Bindung. Im Lebensstil der Ledigen spiegelt sich wie auf einem Umkehrbild die Bedeutung der Ehe für die Einordnung des Einzelnen in die Gesellschaft. Allerdings gibt es auch Menschen, die wirklich nicht heiraten sollten. Das gilt zunächst für alle, deren sexuelle Konstitution eine dauerhafte heterosexuelle Partnerschaft unmöglich macht. Zu ihnen gehören nicht nur die Homosexuellen, sondern auch alle, die auf eine besondere Sexualform (Perversion) festgelegt sind, sich auf häufigen Partnerwechsel angewiesen fühlen oder aber im Ausdruck der Sexualität stark gehemmt sind (Prüderie, Impotenz, Frigidität). Früher hat man oft geglaubt, gerade solchen Menschen eine Ehe als Heilkur verordnen zu müssen. Damit täte man aber nicht nur dem jeweiligen Ehepartner schweres Unrecht; man könnte auch kaum auf einen Erfolg hoffen. Die Ehe ist keine Therapie, sondern eine Aufgabe, deren Lösung nur psychisch gesunden Menschen gelingen kann. Manche Menschen, besonders oft Männer, sind so auf ein Lebensziel als Forscher, Künstler, Pioniere u. dgl. festgelegt, daß eine Ehe daneben zu kurz käme, oder aber die Ehe ihre Berufung stören würde. Das ist wohl der wichtigste Grund für das Eheverbot (Zölibat) bei den Pfarrern der katholischen Kirche. Das außerordentlich häufige Scheitern von Künstlerehen weist darauf hin, daß sich die künstlerische Begabung nicht leicht mit den Anpassungs-, Ordnungs und Alltags-Pflichten einer Ehe verträgt.
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