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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Partialtriebe

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

Teilkräfte des Sexualtriebes, die in den Phasen der frühkindlichen Sexualentwicklung nacheinander erwachen. In einem normalen Reifeprozeß unterstellen sie sich dem Genital-Primat, tragen also zur Vorlust im Dienste der Geschlechtsvereinigung bei. Der Lusterfahrung mit dem Munde (oral), die in enger Verbindung mit der Nahrungsaufnahme steht, folgt die Verquickung der Lustgefühle mit der Ausscheidung (anal), die aber auch eine Verstärkung der aggressiven (sadistischen) Tendenzen mit sich bringt. Während diese Phasen altersmäßig festgelegt sind, werden die Partial-triebe der Schaulust (Voyeurismus) und der Entblößungslust (Exhibitionismus) meist durch einen äußeren Anlaß herausgefordert, der die sexuelle Neugier aktiviert. Die korrekte Entwicklung dieser Partialtriebe wird oft gestört. Beim Übergang aus der oralen in die anale oder dann in die phallische Phase, deren Mittelpunkt das männliche Geschlechtsglied oder sein kleineres weibliches Gegenstück, die Klitoris, ist, mag die neue Art der Befriedi gung enttäuschend sein, so daß man an der früheren Phase festhalten oder in sie zurücckehren möchte (Fixierung und Regression). Die Partialtriebe können abgewehrt und verdrängt werden, dann drücken sie sich in neurotischen Erscheinungen aus. Im Zusammenhang mit der Hemmung oder Verdrängung anderer Tendenzen können sie sich übermäßig stark entwickeln oder sogar ein nahezu ausschließliches Interesse beanspruchen; dann werden sie zum Inhalt einer Perversion. Manchmal werden sie zum Teil oder völlig sublimiert, das heißt in den Dienst eines nicht unmittelbar sexuellen Zieles gestellt und sozial nutzbar gemacht. Das psychoanalytische Konzept der Partialtriebe steht der älteren Auffassung entgegen, die in der Sexualität eine einheitlich zielgerichtete Kraft sah. Die Erfahrung einer vielfältigen Wirklichkeit zeigt ein Gegenspiel von Widersprüchen und Kompromissen, eine Dynamik aus Konflikten und vorübergehenden Harmonien. Die Libido ist sowohl ein Liebes als auch ein Lustverlangen. Sie ist geradeso ichbezogen (Narzißmus) wie auf die Beziehung zu anderen Menschen angelegt. Sie will ebenso den Reiz wie die Geborgenheit. Sie richtet sich auf das eigene wie auf das andere Geschlecht (Homosexualität und Heterosexualität). Ihre Teilkräfte in diesem weiten Sinne begründen viele der Schwierigkeiten auf dem Weg zur Befriedigung, machen die Sexualität aber zugleich so umfassend.

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