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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Todestrieb

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

nach Sigmund Freud die Kraft »jenseits des Lustprinzips« (1920), die den lebenserhaltenden Kräften (Eros) entgegensteht und sich mit ihnen vermischt. Er sah diese Tendenz als äußerste Folge, ja sogar als eigentliche Ursache jeder Aggression und Destruktion. Danach hindert nur die Libido, als Bindung an Mitmenschen und als Selbstliebe (Narzißmus), den Zerstörungstrieb daran, sich völlig gegen die eigene Person zu wenden, und so erst werde er zum größten Teil nach außen abgelenkt. Das Schuldgefühl, das nun die Aggression begleitet, zwingt sie zur Verinnerlichung, stärkt die aggres sive Einstellung des Über-Ich gegen die anderen Instanzen der Seele (Es und Ich), schafft das Strafbedürfnis und einen sekundären Masochismus. Freud nannte diese Theorie zunächst eine Spekulation, deren er offenkundig selbst nicht sicher war. In späteren Schriften ist sie voll in sein Denken aufgenommen. Die wichtigste Stütze seiner Theorie waren die Erfahrungen, die er als Tiefenpsychologe mit dem Wiederholungszwang gemacht hatte. Hier erwies sich, daß Menschen sogar solche Erlebnisse wiederholen müssen, die ihnen nur Unlust bereiten. Im Zyklus solcher Wiederholungen sah Freud Abbilder des Kreislaufs, der an seinem Ende zum Anfang zurücckehrt: wie aus dem Ungeborensein das Leben entsteht, so muß es wieder im Nichtsein münden. Freud war sich durchaus bewußt, warum seine Todestrieb-Theorie auch bei seinen engsten Mitarbeitern nahezu allgemein auf Ablehnung stieß. Zum Wesen des »Triebes« gehört es, daß er eine biologische Entsprechung haben muß; ein »Todes-trieb« läßt sich aber mit den Ergebnissen der Biologie nicht vereinbaren. Doch ein Todesdrang zumindest läßt sich nicht leugnen. Das Spiel mit dem Tode, wie es Gladiatoren betreiben, der Wagemut der Helden, der Selbstmord und vor allem der Krieg sind eindrucksvolle Beweise. Die Fortschritte der gegenwärtigen Wissenschaft und Technik erleichtern nicht nur das Leben, sondern haben in sich auch die Gegentendenz, es zu zerstören.Von S.Freud vermuteter Trieb, der in jedem Lebewesen auf dessen Auflösung und die Wiederherstellung eines anorganischen Zustan-des hinwirkt. Nur durch Verbindungen mit dem Lebenstrieb (Libido) wird der Todestrieb als Aggression nach außen gewandt oder durch Neutralisierung in kulturell wertvolle Aktivität verwandelt. Diese Auffassung ist heute auch in der r» Psychoanalyse umstritten und wird von den meisten Psychologen und Biologen abgelehnt, auch von denen, die noch an der Annahme eines angeborenen Aggressionstriebes festhalten.

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