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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

persönliche Ziele

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

Bezeichnung für Anliegen, Projekte oder Bestrebungen von Personen, mit denen diese sich im Alltag beschäftigen und die sie in Zukunft realisieren möchten. Merkmale persönlicher Ziele, wie z.B. die Intensität, mit der sie verfolgt werden, das Ausmaß an sozialer Unterstützung für diese Ziele oder die Einschätzungen der Realisierbarkeit beeinflussen maßgeblich das subjektive Wohlbefinden. Bei den persönlichen Zielen handelt es sich um einen Oberbegriff für ähnliche Konzepte aus der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie (current concerns, personal projects, life tasks oder personal strivings). Persönliche Ziele haben einen mittleren Abstraktionsgrad, sie sind angesiedelt zwischen überdauernden Dispositionen und aktuellen Handlungseinheiten. Einen unmittelbaren Einfluß auf das subjektive Wohlbefinden haben die Zielfortschritte: Je weiter eine Person mit ihren Zielen vorankommt, desto mehr nimmt ihr Wohlbefinden zu. Vermittelt über die Zielfortschritte haben darüber hinaus die Struktur der Zielsysteme, die inhaltliche Orientierung, die Intensität, mit der die Verfolgung persönlicher Ziele verbunden ist, sowie die Verfügbarkeit von Ressourcen einen Einfluß auf das Wohlbefinden.

Die Inhalte persönlicher Ziele können danach unterschieden werden, ob eine positive Annäherung oder die Vermeidung eines unerwünschten Zustandes im Vordergrund steht. Bei den Annäherungszielen genügt es, einen erfolgreichen Handlungspfad einzuschlagen, während es bei den Vermeidungszielen gilt, alles zu vermeiden, was möglicherweise dazu führen könnte, daß der zu vermeidende Zielzustand eintritt. Dementsprechend sind die kognitiven Anforderungen bzw. Belastungen bei Vermeidungszielen viel höher als bei Annäherungszielen. Weiterhin lassen sich Ziele danach unterscheiden, ob sie aus eher extrinsischen Gründen (z.B. Geld, Befriedigung der Erwartung andere Personen) oder aus eher intrinsischen Gründen verfolgt werden. Dem erfolgreichen Streben nach intrinsischen Zielen werden positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden zugeschrieben, wohingegen extrinsische Ziele das Wohlbefinden unterminieren. Schließlich lassen sich die Zielinhalte nach ihrem jeweiligen Inhalt (d.h. Leistung, Macht und Intimität/Anschluß) unterscheiden. Hier zeigte sich, daß die expliziten persönlichen Ziele nicht immer mit den impliziten Motiven einer Person übereinstimmen. Zielfortschritte führen nur dann zu positiven affektiven Reaktionen, wenn sie bei Zielen erreicht werden, die thematisch mit der Motivdisposition einer Person übereinstimmen.

Ein weiteres Merkmal persönlicher Ziele ist die Intensität (commitment, Zielbindung), mit der die Ziele verfolgt werden. Geht eine Person eine Zielbindung erst einmal ein, dann konzentriert sich ihre Aufmerksamkeit auf die Planung und Realisierung dieses Ziels und nicht mehr auf Erwartungen und Anreize. Eine hohe Zielbindung stellt dabei sicher, daß bei Mißerfolgen nicht gleich aufgegeben wird, sondern die Anstrengung gesteigert wird, um das Ziel doch noch zu erreichen. Hat sich eine Person an die Verfolgung eines persönlichen Ziels stark gebunden, kann dieses Ziel nur noch um den Preis negativer Affekte aufgegeben werden.

Eine hohe Zielbindung allein genügt aber meist noch nicht, um mit den persönlichen Zielen voranzukommen. Notwendig für Zielfortschritte und eine Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens sind Ressourcen. Dabei kann es sich um persönliche Ressourcen handeln, wie beispielsweise bestimmte Fähigkeiten (z.B. Selbstregulationsfähigkeit), um soziale Ressourcen (z.B. soziale Unterstützung durch Lebenspartner, Freunde, Kollegen, Vorgesetzte etc.) oder um materielle Ressourcen (z.B. Geld, Situationskontrolle, etc.). Diese Ressourcen stehen aber nur dann im Zusammenhang mit hohen Zielfortschritten und subjektivem Wohlbefinden, wenn eine Person sich stark an ihre Ziele gebunden hat.

Literatur

Brunstein, J. C. & Maier, G. W. (1996). Persönliche Ziele: Ein Überblick zum Stand der Forschung. Psychologische Rundschau, 47, 146-160.

Brunstein, J. C., Maier, G. W. & Schultheiß, O. C. (1999). Motivation und Persönlichkeit: Von der Analyse von Teilsystemen zur Analyse ihrer Interaktion. In M. Jerusalem & R. Pekrun (Hrsg.), Emotion, Motivation und Leistung (S. 147-167). Göttingen: Hogrefe.


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