erkundet die Beziehungen zwischen Menschen und Technik. Dabei versteht sie Technik nicht als etwas Äußerliches und Abstraktes, sondern als etwas von uns Menschen Hervorgebrachtes, durch das wir uns in der Verwendung auch selbst verwandeln. Technikpsychologie versucht eine psychologische Sprache und Methodologie zu entwickeln, in der dieser Zusammenhang von Hervorbringung und Selbstverwandlung in seinen Konflikten und Widersprüchen begreifbar wird und sich für individuelle Subjekte die Möglichkeiten des Einflusses und der Wahl verdeutlichen.
Mit der Psychotechnik begann, vor bald einem Jahrhundert, die systematische psychologische Technikforschung. William Stern führte diesen Begriff 1903 in die Psychologie ein, und Münsterberg, Moede, Giese u.a. entwickelten die Psychotechnik zu einem Verfahren, in dem insbesondere Fragen der Anpassung des Menschen an den technisch-industriellen Prozeß (Subjektpsychotechnik) und umgekehrt, der Anpassung der Geräte und Maschinen an den Menschen (Objektpsychotechnik), im Mittelpunkt standen. Im Zusammenhang mit der Beschleunigung der technischen Entwicklung und der Erzeugung zunehmend komplexerer Maschinen wurden ab Anfang der dreißiger Jahre interdisziplinäre Forschungsprogramme zur systematischen Analyse von Mensch-Maschine-Systemen eingerichtet und damit die Grundlagen für die entstehende Ingenieurpsychologie gelegt. Die Ingenieurpsychologie knüpft an die Tradition der Objektpsychotechnik an und stellt sich vor allem die Aufgabe, wie auf der Basis experimentalpsychologisch gewonnenen Wissens um die Besonderheiten menschlicher Fähigkeiten und deren Grenzen Maschinen konstruiert und Anlagen, Arbeitsplätze und Aufgabenstellungen gestaltet werden müssen. Während es in der Psychotechnik, der Ingenieurpsychologie und auch der Wirkungs- und Akzeptanzforschung vor allem um die Anwendung psychologischer Kenntnisse auf die Entwicklung der Technik geht, haben sich Zugänge herausgebildet, die gerade umgekehrt den Einfluß der Technik auf das menschliche Befinden und Handeln untersuchen (Neue Technologien). Mit dem herkömmlichen naturwissenschaftlich-orientierten Selbstverständnis der Psychologie und dem verbreiteten experimentell-statistischen Verfahren der Erkenntnisgewinnung werden psychologische Phänomene auf einfache Ursache-Wirkungszusammenhänge reduziert, und so kann damit ein Verständnis der Bedeutung der technologischen Lebenswelt für psychisches Erleben und Handeln nicht wirklich entwickelt werden. Daher stellt sich für eine umfassendere Technikpsychologie zwangsläufig auch die Frage nach einem neuen wissenschaftlichen Selbstverständnis und nach einer psychologischen Theoriesprache und Methodologie, in der die Vielfalt menschlicher Erfahrung und die Bedeutung der geschaffenen Wirklichkeit für individuelle Subjekte in den psychologischen Blick miteinbezogen werden köennen. In der Psychoanalyse begann Anfang des letzten Jahrhunderts eine kritische Reflexion über die Entwicklung von Wissenschaft und Technik. Freud stellte die Frage, inwieweit die von Menschen hervorgebrachten kulturellen und technischen Erzeugnisse nicht nur Befreiungen von den Zwängen der Natur und Erleichterungen des menschlichen Lebens darstellen, sondern in ihnen auch die Schattenseiten des Menschen und seine destruktiven Leidenschaften ihren Ausdruck finden. Psychoanalytische Ansätze greifen das Unbehagen am wissenschaftlich-technischen Fortschritt auf und interpretieren die Problematik der Kultur- und Technikentwicklung vor allem vor dem Hintergrund der innerpsychischen Beschaffenheit des Menschen und der Psychodynamik seiner Triebe.
Mit dem sozialen Konstruktivismus hat sich ein alternatives wissenschaftliches Selbstverständnis herausgebildet, in dem der traditionell mechanistische Blick durch ein Verständnis der sozialen Bezogenheit psychischer Phänomene und der Bedeutung des sozialen Diskurses präzisiert wird. In Anknüpfung an qualitative Methoden, Diskursanalyse und Ethnographie werden hier interpretative Forschungsmethoden entwickelt, mit denen die Konflikte und Ambivalenzen, die sich für individuelle Subjekte im komplexen Beziehungsgeflecht mit den technologischen Wirklichkeiten stellen, untersucht werden. Dabei wird bislang vor allem der Einfluß der Technologien auf die Beziehungen der Menschen untereinander und auf das menschliche Identitäts- und Selbstverständnis beleuchtet (Gergen, 1996). In subjektorientierten und technikkritischen Herangehensweisen sind historische Analysen des Psychischen zu finden, in denen grundbegriffliche Voraussetzungen für einen psychologischen Technikbegriff geschaffen werden und in denen die Besonderheit der menschlichen Handlungs- und Herstellungsfähigkeit, aber auch die Eigenart der geschaffenen Werkzeuge und Mittel beleuchtet werden. Dabei verstehen neuere Ansätze technologische Erzeugnisse weniger als neutrale Mittel zum Zweck, vielmehr erkennen sie deren strukturelle und konstitutive Rolle in menschlichen Lebensprozessen und, da die hergestellten Dinge nicht nur menschliche Erfahrungen und Bedürfnisse, sondern auch Interessen und Ideologien verkörpern, deren politischen Charakter. Angesichts aktueller Entwicklungen im Bereich der Computer, der Atom-, Bio- und Gentechnologien haben sich Ansätze herausgebildet, die gewohnte Gegenüberstellungen und Grenzziehungen, etwa zwischen Natürlichem und Artifiziellem oder zwischen Mensch und Maschine, in Frage stellen, aber auch eine psychische Antiquiertheit im Verhältnis zur hervorgebrachten Apparatewelt konstatieren und eine damit einhergehende problematische Verselbständigung technologischer Prozesse (Anders, 1987). In psychologischen Technikanalysen wären daher nicht nur die Umgangsweisen individueller Subjekte mit den Dingen, sondern auch die Materialität der Dinge selbst und die in ihnen vergegenständlichten Handlungsimplikationen zu erkunden (Schraube, 1998).
Technikpsychologien, die sich als ein Mittel zur sozialen Selbstverständigung der Menschen verstehen, versuchen Denkweisen zu entwickeln, mit denen die Beziehungen der Menschen zu den von ihnen geschaffenen Wirklichkeiten durchschaubar werden. Dabei erkunden sie die handlungserweiternden Potentiale technologischer Erzeugnisse, aber auch die in den Dingen vergegenständlichten Zwänge, Vereinseitigungen und Verhinderungen. Sie könnten eine wichtige Stimme bilden in der gesellschaftlichen Diskussion über die Frage, wie wir uns und unsere Welt durch Technik verändern und verändern werden.
Literatur
Anders, G. (1987). Die Antiquiertheit des Menschen. Band 2. Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution. München: Beck.
Gergen, K. J. (1996). Das übersättigte Selbst. Identitätsprobleme im heutigen Leben. Heidelberg: Carl Auer.
Schraube, E. (1998). Auf den Spuren der Dinge. Psychologie in einer Welt der Technik. Berlin: Argument.
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